Die Vorbereitung des Anfangs einer Präsentation steht zu recht erst am Ende an. Denn woran denkst du zuerst, wenn du einen Vortrag oder eine Präsentation vorbereitest? Du denkst über das Thema nach und wie du es für dein Publikum verständlich und interessant entwickeln kannst. Das ist der Hauptteil deiner Rede. Mit diesem Inhalt möchtest du überzeugen, Gedanken oder sogar Einstellungen und Handlungsweisen verändern. Mit dem Hauptteil solltest du daher auch das Konzept und das Schreiben deines Vortrags beginnen. Wenn du diesen Hauptteil so aufgebaut und festgelegt hast, dass du dein Anliegen gut transportierst und dich selbst darin „hineingearbeitet“ hast (er also deiner persönlichen Sprechweise und Vermittlungsart entspricht), dann gestaltest du als nächstes den Schluss. Den Anfang deiner Präsentation aber, den konzipierst und schreibst du als letztes.
Also nun: DER ANFANG
Er ist so wichtig und sensibel, dass du alles andere vor Augen haben musst, bevor du ihn festlegst. Er ist also heikel. Denn hier entscheidet sich, ob dein Publikum da bleibt! Ja, weil Publikum kann – besonders in diesen Zeiten, wo es ein Riesenangebot an Info-Darbietungen, an Videos und Veranstaltungen gibt – dir gleich in den ersten Sekunden abspringen. Es läuft dir davon, schaltet um oder beamt sich weg und sitzt dich aus. Tödlich, wenn du eine Mission hast und sie mit Herzblut vertrittst. Und nein, dieses Herzblut allein garantiert dir nicht die Ergriffenheit deiner Zuhörer. Obwohl es unabdingbar ist – wenn du es im Anfang technisch unterfütterst und authentisch inszenierst.
Es hilft hier zu unterscheiden zwischen den Funktionen des Anfangs einer Präsentation (was muss dieser leisten?) und seiner Gestaltung.
Was muss der Anfang einer Präsentation alles leisten?
Der Anfang fängt dein Publikum ein

Dein Anfang soll das Publikum in den ersten Sekunden deines Auftritts packen (ja, das ist hart). Im Grunde ist er nicht erst dein Präsentations-Beginn, sondern schon dein Auftreten. Und zwar mit allem, was dazugehört. Noch bevor du sprichst wirst du sichtbar … was erlebt man da von dir und wie erlebt man dich? Und dann erst kommen deine ersten Sätze … wie vorhersehbar oder überraschend sind sie? Wie konventionell oder persönlich? Wie gesetzt oder lebendig?
Was heißt das nun für dich konkret? Überlege dir, wie du im Auftritt optisch wirkst! Nicht im Sinne einer Anpassung an irgendwelche Ideale oder Normen, das gerade nicht. Sondern: finde den visuellen Ausdruck, der dir entspricht, wähle ihn bewusst und mutig.
Dazu gehört nicht nur dein Äußeres, sondern auch deine „Bühne“, sei sie real oder sei sie der Hintergrund deiner virtuellen Meetings. Denke über die Farben und Formen nach, die dein Publikum wahrnimmt. Sind es „deine“ Farben und Formen, ist es dein Stil, mit dem du deshalb auch immer etwas über dich aussagst?
Sei dir über deine Körperhaltung und Bewegungen klar, mit denen du startest. Hast du die notwendige Energie und Körperspannung (nicht Verspannung!), um gleich vorweg einen – neuen – Anfang zu setzen? Denn vor deinem Beginn existierte für deine Zuschauer bereits etwas, etwas anderes, sie sahen und dachten etwas … kann dein Auftritt sie da herausreißen und einen Kontrapunkt dazu setzen? Kannst du sie mit deiner Körperlichkeit von dort weg auf dich hin fokussieren? Bewegung, wie das Betreten einer Bühne, kennt gewisse Normen – kannst du mit ihnen spielen, was heißt, sie so zu verändern, dass man gleichzeitig merkt, dass du sie kennst? Wenn du sitzt (wie in einem Vortrags-Call): Auch hier kannst du Spannung aufbauen und Erwartungen entstehen lassen und gezielt führen!
Sei dir darüber im Klaren: Um dein Publikum einzufangen, in den ersten Sekunden, wirst du Energie brauchen und mit Erwartungen spielen müssen. Ersteres ist eine Frage des Inszenierens, des In-Szene-Setzens deines Körpers und seiner Bühne. Letzteres ist eine Frage der Persönlichkeit und deines Mutes, sie schräg zu den bekannten Konventionen einzusetzen.
Der Anfang gewinnt dein Publikum für dein Ziel

Menschen folgen anderen Menschen. Und zwar jenen, die ihnen sympathisch sind. Die Chancen für deine Mission erhöhen sich dramatisch, wenn du als Vermittlerin Sympathie erzeugst. „Erzeugst“? Aber sicher! Nicht indem du dich anbiederst, sondern indem du persönlich und lebendig bist. Konventionen jeglicher Art, sprachliche Floskeln und schematische Vorgänge fungieren wie eine Art Milchglasscheibe zwischen dir und deinen Zuhörern. Die Chance auf Sympathie und Zustimmung zu deiner persönlichen Art bedeutet immer das Inkaufnehmen des Risikos der Ablehnung. Die oben erwähnte Milchglasscheibe mag Letzteres verhindern (obwohl, nicht wirklich …), sie wird aber auch Ersteres verunmöglichen. Alle möglichen Inhalte deines Anfangens: Begrüßung, Zitate, „Witze“, Ausblick auf den Hauptteil, Vorstellung, … prüfe sie genau, ob du gerade scheinbar Gebräuchliches standardmäßig übernimmst oder ob du lieber etwas anderes machst und sagst. Ob du es auf andere, auf deine Weise, tun kannst.
Bei aller Energie, zu der ich dir rate, sie widerspricht nicht der Forderung nach Lockerheit. Die lebendige Spannung deines Körpers ist keinesfalls eine Verspannung oder diktatorisch anmutende Festigkeit. Echte Spannung ist elastisch und beweglich, sie blockiert nicht die Beine, sie pumpt nicht deinen Oberkörper auf, zementiert dein Genick oder verhärtet deinen Blick! Lockerheit heißt Beweglichkeit, Lebendigkeit, Veränderbarkeit! Dieses Lockersein lockert als Effekt auch dein Publikum. Es wird dir dafür dankbar sein, dass es sich nicht anfühlt als hättest du vor, es in Geiselhaft zu nehmen und ihm deine Inhalte einzutrichtern.
Eines der wichtigsten Kanäle der Sympathie ist die Unperfektion. Deine Inszenierung muss wie eine meisterhafte Improvisation sein. Und ja, auch Improvisationen werden gestaltet, jedoch mit signifikanten Leerstellen. Wenn du lückenlos agierst, nichts dem Zufall des Moments überlässt, dir keine spontane Reaktion auf das Publikum erlaubst, wird (höchstwahrscheinlich) alles funktionieren – aber eben auch nicht mehr als das. Es entsteht kein Kontakt. Dieser aber ist das Wahrzeichen deines Anfangs. Sympathie ist ganz einfach das: unsere emotionale Reaktion auf echten Kontakt.
Der Anfang der Präsentation überzeugt dein Publikum von der Wichtigkeit deines Anliegens
Hast du dir schon einmal – außer in schwarzen Momenten – ganz ruhig die Frage gestellt, warum man dir eigentlich zuhören sollte? Deine Zuhörer haben vielleicht dafür bezahlt, auf jeden Fall schenken sie deinem Vortrag ihre Zeit. Gut, aber sie haben ihre eigenen Vorstellungen von oder Erwartungen an das, was sie hören werden. Diese müssen nicht mit dem übereinstimmen, was du ihnen zu sagen hast. Kann dein Anfang diese Vor-Meinungen auffangen, sie verändern oder sogar übertreffen? Dein Anliegen ist vielleicht (noch) nicht das Ihrige. Mit deinen ersten Sätzen aber kannst du es dazu machen. Die Relevanz deiner Rede für dein Publikum entscheidet sich von Beginn an und bestätigt sich dann nur noch im weiteren Verlauf.
So sehr auch deine Inhalte für dich wesentlich sind (und das müssen sie sein!), so wichtig ist es, sie auch für deine Zuhörer anziehend zu gestalten. „Anziehend“ bedeutet, dass du im Anfang deiner Präsentation von ihrem Standpunkt her denkst und sie mit deinen Worten zu dir und zu deinem Standpunkt herüber ziehst. Sprich für dein Publikum, viel mehr noch als nur vor ihm. Weißt du, was es belastet, weißt du, was es sucht und ersehnt? Weißt du, wo es sich befindet und wo es – auch durch dich und deine Mission – hin möchte? Der Anfang ist eine Bewegung auf dein Publikum, auf seinen Standpunkt hin und dabei ein Mitnehmen dahin, wohin du im weiteren Verlauf deiner Rede unterwegs bist. Mit der Relevanz deiner Worte erhältst du die Aufmerksamkeit, die nicht schon durch die Investition von Geld oder Zeit garantiert ist. Es ist diese Aufmerksamkeit, die dein Vortrag braucht, um Impact zu erzeugen.
Der Anfang deines Vortrags vermittelt deine Kompetenz
Der Anfang einer Präsentation ist ein Versprechen. Dein Versprechen, dass es dem Publikum etwas bringt, dir zuzuhören. Damit es aber als Versprechen funktioniert, braucht es Respekt und Vertrauen seitens der Zuhörer. Deine Kompetenz für dieses Thema beweist du nicht, indem du sie benennst und herzeigst, indem du Ausbildungen und Abschlüsse vorweist. Respekt und Vertrauen in dich und deine Kompetenz zu wecken, das ist ein fragiles Unterfangen, bei dem Understatement und indirektes Vorgehen mehr bewirken, als jeglicher „Beweis“.
Denn deine wirkliche Expertise zeigt sich doch erst im Verlauf des Vortrags. Mit Kompetenz meine ich hier also weniger eine fachliche Befähigung, sondern Führungsqualität und Erfahrung. Dafür bildet gelebtes Wissen, Zuversicht und Empathie die Grundlage.
Wie gestaltest du den Anfang deiner Präsentation?

Eine Frage der Inszenierung, sicherlich! „Inszenierung“ heißt im weitesten Sinne: In-Szene-Setzen der persönlichen Verkörperung deines Anliegens. Wir können nicht erwarten, dass das Publikum unser Ziel „entdeckt“ und es sich zu eigen, dass es sich von sich aus auf uns zubewegt. Die Zuhörer sind da – und das ist ja schon mal viel. Es ist Aufgabe der Vortragenden, ihre Inhalte in einer persönlichen und anziehenden Weise darzubieten. Daher existiert kein Widerspruch zwischen Inszenierung und Authentizität, denn Letztere muss ausstrahlen, ergreifen und begeistern. Ohne Inszenierung entsteht kein Darbieten, sie ist das Öffentlich- und Wirksam-Machen deiner authentischen Präsenz.
Dein Blick
Der Anfang deiner Präsentation stellt den Kontakt zwischen dir und deinem Publikum her. Und der unmittelbarste Kontakt ist der Blickkontakt. Ein echter Blick, kein bloßes In-die-Richtung-schauen, erzeugt die Nähe, die es braucht, um sich gemeinsam auf den Weg zu machen. Dieser Blick ist immer möglich, im Scheinwerferlicht, im Zoom-Meeting, auf einer großen Bühne. Bemühe dich um ihn, lass ihn entstehen und sich entfalten, gib ihm ein paar Sekunden Zeit.
Und lass dich keinesfalls von einer anfänglichen Unsicherheit dazu verleiten, ihn zu meiden oder ihn routiniert nur zu absolvieren. Ein Blick ist immer echt, oder er ist nicht und du kannst dir das Schauen sparen. Und „echt“ bedeutet: der Blick will etwas sehen – nämlich die Blicke der anderen; ohne die Sorge, darin schon die Beurteilung der eigenen Person zu entdecken. Es braucht Selbstsicherheit (vielleicht), sicherlich aber Vertrauen in die anderen, um ihren Blick zu suchen. Wer aber im weiteren Verlauf Vertrauen für sich beanspruchen will, der geht auch in Vorleistung und begegnet schon zu Beginn vertrauensvoll seinen Zuhörern.
Dein Körper und deine Stimme
Du verkörperst – im wahrsten Sinne des Wortes – deine Inhalte (und mit ihnen deine konkrete Absicht und die ihr übergeordnete Mission).
Ganz gleich, ob du dich auf einer Bühne bewegst, an einem Rednerpult stehst oder (in einem Vortrags-Call) sitzt: richte deinen Oberkörper mithilfe deiner Tiefenmuskulatur auf. Mach dies nicht über ein muskuläres Anheben des Brustkorbs, sondern durch eine Spannung des Beckens, welche deine Wirbelsäule streckt und deinen Kopf damit zugleich aufrichtet. Lass deine Schultern entspannt fallen und achte darauf, dass die drei häufigsten Blockadestellen locker sind: Genick, Lendenwirbelsäule, Knie.
Dein Becken ist der Sitz deiner Energie und Präsenz. Mittels der Tiefenmuskulatur hebst du den vorderen Beckenrand nach oben-hinten an. Das kannst du auch so visualisieren, als würdest du deinen Bauchnabel schräg nach oben-hinten zur Wirbelsäule ziehen. Dadurch wird die Lendenwirbelsäule gleichzeitig „gerundet“ und entspannt, ein mögliches Hohlkreuz verschwindet.
Durch diese Spannung aktivierst du auch die Zwerchfell-Stütze deiner Stimme. Sie klingt voller, weicher, „runder“ und eher tiefer. So wirst du auch hörbarer, obwohl du gar nicht explizit laut sprichst.
Die ersten drei Sätze am Anfang der Präsentation
Die Momente, bevor du beginnst zu sprechen, sind von Erwartung, vielleicht auch von Unruhe und Aufregung bestimmt. Deine ersten Sätze haben eine Eisbrecher-Funktion und verschaffen dir die Möglichkeit, deine Rede in eine von dir gestaltete Situation einzubetten. Jetzt legst du die Weichen für den Stil und die Atmosphäre deines Vortrags. Beginne unvermittelt und überraschend, anstatt dich vorhersehbar durch Begrüßung und Vorstellung in Konventionelles einzuordnen. Beides kann – wenn nötig – etwas später geschehen. Aber der Anfang deines Anfangs, der definiert die Art und Weise deiner Darbietung, spielt mit Vor-Meinungen und bricht die Erwartungshaltung der Zuhörer, die sich aus ihrer Erfahrung mit anderen Vorträgen geformt hat. Steck deinen eigenen Claim ab, geh in Führung, ja, mute deinem Publikum etwas zu. Je persönlicher du startest, je weniger du ausholst und erwartbar agierst, umso schneller und tiefgreifender bereitest du den Boden für die persönliche Wirkung deiner Inhalte.
Deine Geschichte
Nimm dein Publikum zu Beginn mit in die Geschichte dieser Inhalte. Verknüpft mit deiner Person sind diese nämlich einzigartig. Objektive Fakten (falls es denn solche gibt) können die Zuhörer mit Leichtigkeit selbst recherchieren. Deine Deutung gibt ihnen erst Be-Deutung und Sinn. Erzähle ihnen die Geschichte aber nicht nur, lass sie diese miterleben, indem du dich bewertend erinnerst und sie so vor den Augen oder Ohren der Audience auferstehen lässt. Um deine Geschichte zum Erlebnis werden zu lassen, verlasse den Standpunkt eines allwissenden Erzählers. Erinnere dich, hier und jetzt, wie das Thema dir begegnete, wie es dich packte und veränderte, welche Umwege und Misserfolge es dir aufzwang und wohin es dich nun gebracht hat.
Deine Geschichte ist keine Biografie, ja, sie ist nicht einmal ein bloßes Erzählen, jedenfalls nicht im Wesentlichen. Deine Geschichte muss der Blick auf deine Expertise durch die Brille deiner Persönlichkeit sein. Wie erlebst du selbst die Notwendigkeit, das zu tun, wozu du dein Publikum anleiten willst? Der Anfang deines Vortrags beinhaltet deinen Start und deinen Weg zu dem, was du jetzt tust.
Am Anfang der Präsentation setzt du implizit deine „Regeln“
Im Anfang etablierst du die „Spielregeln“: Welche Art von Vortragende bist du: Wirst du dein Publikum direkt ansprechen? Wirst du Fragen stellen und auf Antworten dringen? Erlaubst du dir Korrekturen und Zweifel oder wird alles in Stein gemeißelt sein? Darf dein Publikum mit seinen Reaktionen den Verlauf deiner Rede beeinflussen?
Diese „Regeln“ brauchst du nicht zu nennen. Sie ergeben sich mit zwingender Selbstverständlichkeit aus deinem Tun gleich zu Beginn. Aber sie färben und bestimmen die Situation und die Atmosphäre des gesamten Vortrags. Es stellt sich etwas sehr Wichtiges ein, der Kern jeder Inszenierung: der Stil, in dem du sprichst. Und nein, dieser entsteht nicht von allein, als eine Art Begleiterscheinung des Redens. Stil ist immer mehr als die Summe willkürlicher Eigenschaften. Er ist das qualitative Merkmal von klaren Entscheidungen.
Was bewirkt ein perfekter unperfektionistischer Anfang in einer Präsentation?

Der Anfang deines Vortrags setzt – unausgesprochen – deine persönlichen Standards fest. Ohne privat zu werden, wirst du wahrnehmbar als eine bestimmte Präsenz, welche ihre Inhalte in ihrer eigenen Art zum Ausdruck bringt. Der Kontakt und die Nähe zu deinem Publikum haben immer den Preis, des Sich-Zeigens. Nur, indem du dich öffnest, wird es dir gelingen, auf deine Zuhörer zuzugehen und sie in deine Welt zu ziehen. Jeder Mensch lebt in seiner eigenen Blase, dein door-opener für deine Mission und Vortragsabsicht ist nicht deine Expertise, sondern deine Fähigkeit, diese lebendig und speziell vor den Augen und Ohren deiner Audience zu entwickeln.
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